Elchbulle „Knutschi“
Elchbulle „Knutschi“ durchwanderte 2008-2009 Sachsen
Im September 2008 wurde in der Lausitz wieder einmal ein Elch in der Nähe von Görlitz gesichtet. Mitte Oktober hielt er sich dann zunächst einige Tage in der Sächsischen Schweiz auf. Als nächstes wurde er kurz in Pirna bei Dresden gesehen, um dann Anfang November für längere Zeit seinen Einstand in der Nähe von Altenberg im Erzgebirge zu wählen. Der Elch überwinterte trotz hoher Schneelagen im Kammbereich des Erzgebirges und war aufgrund seiner Fährten im Schnee und weißgeschälten Baumstämme immer wieder zu einer viel gesuchten Attraktion für Medien, Bevölkerung und Touristen geworden. Dies führte dazu, dass das Tier – inzwischen auf den Namen „Knutschi“ getauft – heimlicher wurde und die Fluchtdistanz sich zunehmend erhöhte. Mit nachlassender Schneedecke im Frühjahr entzog sich der Elch durch Einstandswechsel zwischenzeitlich erfolgreich der breiten Öffentlichkeit, blieb aber weiterhin im Bereich Altenberg/Bärenfels mindestens bis Ende Mai 2008. Obwohl ein Elch-GPS-Sender bereit lag, konnten die anfänglich sehr guten Bedingungen für eine Markierung leider nicht genutzt werden, da die konzeptionellen und vertraglichen Grundlagen für das Elchmonitoring nicht rechtzeitig abgeschlossen waren.
Anfang Juni fanden Jäger etwa 20 km südwestlich im Forstbezirk Marienberg Trittsiegel eines Elches und wenig später gab es auch die nächste offizielle Sichtmeldung. Dann trat der Elch erst Mitte August wieder in Erscheinung und sorgte für großes Aufsehen. An einem Freitag tauchte er mitten in einem Wohngebiet in Chemnitz auf und beschäftigte die dortigen Einsatzkräfte von Polizei, Feuerwehr und Ordnungsamt. Zunächst war jedoch noch unklar, ob es sich überhaupt um denselben Elch handelte. Am Abend war der Elch dann zwar offiziell als Elch bestätigt, aber es fehlte wiederum jede Spur von ihm. Am folgenden Sonntag informierte ein Spaziergänger die Polizei über die Anwesenheit des Elches auf einem Firmengelände im südlichen Bereich von Chemnitz. Dort konnte dann von der Polizei endlich ein aktuelles Foto gemacht werden, welches einen jungen Bullen mit Gabelgeweih im Bast zeigte. Körpergröße und Geweihaufbau ließen vermuten, dass dieser junge Elch der gleiche wie zuvor im Erzgebirge sein konnte. Während sich das Narkoseteam der Forstzoologie auf den Weg machte, meldete die Polizeistreife bereits nach 40 Minuten, dass der Elch über einen Zaun gesprungen, im dichten Unterholz verschwunden wäre und kein Sichtkontakt mehr bestehe. Das Firmengelände wies einen kleinen ungenutzten, waldähnlichen Bereich mit vernässten Partien auf. Als dieser vorsichtig abgesucht wurde, fanden sich zahlreiche Trittsiegel und Kot. Der Elch hatte offenbar das Wochenende dort verbracht, war allerdings wieder einmal schon auf und davon.
In den nächsten Tagen erschienen dann in den Medien mehrere Fotos und eine kurze Videosequenz, da durch die Presse animiert, unzählige Chemnitzer auf der Suche nach „ihrem“ Elch waren. Durch die Bekanntmachung des Elchmontorings in der Presse erreichten uns aber nun auch konkrete Hinweise von Förstern und Jägern (Sichtkontakt, Trittsiegel), die zeigten, dass der Elch Chemnitz bereits verlassen und in südwestliche Richtung weitergezogen war. Während dieser Zeit wurde zwar mit jeder eingehenden Meldung noch versucht die für Immobilisation nötigen Genehmigungen einzuholen (Zuständigkeit liegt beim jeweiligen Landkreis), jedoch war der Elch immer schon wieder weitergezogen, bevor wir die geforderten Formalitäten klären konnten. Ende August hatte er das Vogtland erreicht.
Drei Tage später (02.09.09) wurde ein Elch 60 km entfernt in Thüringen gesichtet. Das Referat Wildbewirtschaftung der Thüringer Landesanstalt für Wald, Jagd und Fischerei (Gotha) war bereits „vorgewarnt“ und hatte kurzerhand die Thüringer Forstämter um besondere Aufmerksamkeit gebeten. Schnell war klar, dass es sich um den „sächsischen“ Elch handelte. Anhand von 10 eingegangenen Rückmeldungen ließ sich gut dokumentieren, dass der Elch innerhalb von 14 Tagen das Land Thüringen vergleichsweise zügig durchquerte und Mitte September im Hessischen Forstamt Rothenburg angekommen war.
Wanderung des jungen Elchbullen „Knutschi“ durch Sachsen, Thüringen, Hessen und Niedersachsen September 2008 – August 2009.
(Die Daten aus Thüringen stellte M. Klein von der Thüringer Landesanstalt für Wald, Jagd und Fischerei Gotha - Referat Wildbewirtschaftung/Fischerei dankenswerterweise bereit.)
Im weiteren Verlauf zog der Elch begleitet von großem medialem Interesse in nördlicher Richtung durch Hessen bis er an der Autobahn A7 zwischen Kassel und Hann. Münden auch kurzzeitig zum „Niedersachsen“ wurde. Mehrere Tage wurde er immer wieder an verschiedenen Stellen entlang der A7 und in deren unmittelbarer Umgebung gesichtet. Am 28.09.09 entschloss sich das Hessische Ministerium für Umwelt, Energie, Landwirtschaft und Verbraucherschutz aus Sicherheitsgründen die Autobahn zu sperren, Elchtouristen aufzuhalten und den Elch durch einen Tierarzt immobilisieren zu lassen.
Anschließend wurde er zu seinem eigenen Schutz und unter Ausschluss der Öffentlichkeit in ein Wildschutzgebiet des nordhessischen Reinhardswaldes transportiert. Gleichzeitig wurde ein gemeinnütziger Verein aus Göttingen mit der Markierung (Halsbandsender) und weiteren Datenerhebung beauftragt. Leider endete dieser qualitativ neue Abschnitt der Informationsgewinnung bevor er richtig begonnen hatte, da Pilzsucher am 02.10.09 den verendeten Elch im Reinhardswald entdeckten. Wahrscheinlich war er zu diesem Zeitpunkt bereits seit zwei Tagen tot.
Mit der Ermittlung der Todesursache wurde das Gießener Institut für Veterinär-Pathologie beauftragt – Schussverletzungen oder Frakturen vom Transport wurden ausgeschlossen, eine eindeutige Todesursache konnte aufgrund des Verwesungszustandes des Kadavers nicht mehr ermittelt werden (Pressemitteilung).
Elch Knutschi in Chemnitz
Foto: Falko Sacher
Foto: Falko Sacher